Es gibt draußen im Vorland eine amphibische Landschaft, die nur vom Wasser, von den Wellen und den Mäulern weidender Schafe modelliert wird. Kleine Wasserbecken und pilzartige Grasbuckel verschlingen sich ineinander, tauschen wechselnd die Formen in stetiger Veränderung. Dort, wo die die Beweidung noch zugelassen wird und geometrisierend Landgewinnung unterbleibt, können sich Reste dieser urtümlichen Welt erhalten. Hier kann ich mich zu den Ursprüngen von Zeit und Raum zurückversetzen, in die Nähe des dritten Schöpfungstages, als Festes und Fließendes noch ungetrennt waren. A.B.
In den Bildern dieser Ausstellung wird der Landschaftsausschnitt von Finkhaushallig immer wieder neu und anders instrumentiert und inszeniert, in unterschiedlichen Graden und Formen der Stilisierung oder Abstrahierung, in unterschiedlichen Formaten, Techniken und Farben, in Einzelbildern und Bildergruppen. In dem vielschichtigen Prozess der bildnerischen Auseinandersetzung mit diesem Thema greifen Fotografie und Malerei ineinander. Die Kamera war mit dem Maler vor Ort, nicht die Staffelei. Montiert an einem langen Bambusstab, hat sie ihm den gewünschten Überblick über dieses Inselreich verschafft, im Sommer, aber auch im Winter, als die grünen Polster sich vom Frost verfärbt hatten und der vom Wind verwehte Schnee sich in den kleinen Canyons dazwischen aufhäufte. Auf den Winterfotos, die Andreas Böhm mir schickte, war sein Schatten mit dieser Angelrute deutlich zu sehen, neben dem seiner Frau. Auf mich wirkte es, als ob die beiden in eine Hochgebirgslandschaft geraten wären oder an eine ferne, schon fast arktische Schärenküste.
Das Ergebnis dieser Expeditionen nach Finkhaushallig sind wundersame Bilder, in denen es vor allem um das Inkommensurable dieser Landschaft und um ihre eigenartige Struktur aus ineinander verschränkten, vielgestaltigen organischen Formen zu gehen scheint. Man glaubt, aus großer Höhe auf unabsehbare Seenlandschaften zu blicken und spürt zum Teil einen so starken perspektivischen Sog, dass man den Eindruck hat, die Erdkrümmung wahrzunehmen. Das kleine Vorland von Finkhaushallig ist so sehr ausdrücklich Teil des großen Ganzen. In dieser Landschaft, schreibt Andreas Böhm in der Einladung, könne er sich zu den Ursprüngen von Zeit und Raum zurückversetzen, in die Nähe des dritten Schöpfungstages, als Festes und Fließendes noch ungetrennt waren. In seinen Bildern lässt er uns an dieser Erfahrung teilhaben. Sie ist es, die ihnen eine geradezu meditative Qualität verleiht.
Dr. Dörte Nicolaisen, Einführung zur Ausstellung. gehalten am 27.8.13